In den vergangenen Wochen gab es gleich zwei sehr bewegende Filme rund um die schwerwiegende Entscheidung, ein Kind mit Behinderung zu gebären oder einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Nach „24 Wochen“ lief gestern Abend im Ersten „Nur eine handvoll Leben“ mit einer sehr starken Annette Frier (Rezension in der „Welt“<http://www.welt.de/vermischtes/article153578948/Diese-Rolle-brachte-Annette-Frier-an-eine-Grenze.html>).In der Kritik heißt es, der Film sei kein Plädoyer gegen die Abtreibung, sondern stelle jedem die Frage, ob behindertes Leben lebenswert sei.
Gute Literatur und gute Kunst im Allgemeinen leben davon, dass sie nicht zu explizit sind. Große Literatur ist Andeutung. Ein Beispiel sind Erzählungen mit erotischen Andeutungen, die eine viel größere Tiefe besitzen als unzweideutiges Zeigen der nackten Tatsachen (= Pornographie).
Insofern ist es sehr gut, dass auch dieser Film kein ausdrückliches Plädoyer ist, niemandem eine Interpretation aufdrängt. Schlimm ist nur, dass sich tatsächlich viele die Frage überhaupt stellen müssen, ob Leben mit Behinderung lebenswert sei.
Damit ist nicht gesagt, jeder Mensch solle leichten Herzens in der Lage sein, auch das Kind mit Behinderung willkommen zu heißen. Das ist ganz einfach unmöglich, leichten Herzens jedenfalls.
Wenn aber – und hier wiederhole ich mich – 90 bis 95 % der Kinder mit Behinderung nicht in den Genuss kommen, die durch die UN-Behindertenrechtskonvention ausdrücklich verbrieften Menschenrechte zu genießen, die universell gelten, dann stimmt etwas grundsätzlich nicht.
Nur diejenigen nämlich, die es bis zur Geburt schaffen, sollen sich dann plötzlich der Segnungen der Inklusion erfreuen, während man zuvor alles getan hätte, sie zu beseitigen aus pseudo-humanitären Gründen?
Nur wenn wir hier ganz klar sind, dass es kein mehr oder weniger wertvolles Leben gibt, verhindern wir jegliche unheilvolle Entgleisungen.